Die Einführung der GIS-Pflicht hat weitreichende Auswirkungen auf den Insolvenzmarkt, denn die zentralen Prozesse rund um Information und Kommunikation in der Insolvenzverwaltung werden dadurch neu aufgestellt. Wunsch der Politik hinter dieser Neuerung ist die Implementierung einer zeitgemäßen, digitalen Kommunikation zwischen Gläubigern, Gerichten und Insolvenzverwaltern.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für diesen Schritt sind eindeutig. Bis spätestens 17. Juli 2024 müssen der Bundesrat und die Regierung der EU-Richtlinie zur Vorhaltung eines elektronischen GIS zugestimmt haben – falls nicht, drohen der Bundesrepublik Deutschland empfindliche Geldstrafen. Doch dieser Fall dürfte nicht eintreten, da es bereits einen Gesetzesentwurf dazu gibt. Zudem wünscht sich die Regierung doch selbst schon seit langem ein Fortschreiten der Digitalisierung in Justiz.
Die rechtliche Grundlage für die Änderungen ist Artikel 36 des Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Justiz.
Mit dem SanInsFoG wurde am 01.01.2021 in der Insolvenzordnung ein neuer § 5 Abs. 5 geschaffen. Dieser machte ein elektronisches Gläubigerinformationssystem für Insolvenzverwalter dann verpflichtend, wenn der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr bestimmte Merkmale erfüllt.
Die nun geplante Anpassung von § 5 Abs. 5 InsO lautet: „Insolvenzverwalter haben ein elektronisches Gläubigerinformationssystem vorzuhalten und darin jedem Insolvenzgläubiger, der eine Forderung angemeldet hat, alle Entscheidungen des Insolvenzgerichts, alle Rechtsmittelentscheidungen, alle an das Insolvenzgericht übersandten Berichte, welche nicht ausschließlich die Forderungen anderer Gläubiger betreffen, und alle die eigenen Forderungen betreffenden Unterlagen unverzüglich in einem gängigen Dateiformat zum elektronischen Abruf zur Verfügung zu stellen. Über das Gläubigerinformationssystem müssen auch die Dokumente zugänglich sein, die dem Insolvenzgläubiger nach § 8 Abs. 3 zugestellt wurden.“
Abbildung 1: Die Änderungen des § 5 Abs. 5 im Vergleich // Quelle: Regierungsentwurf zur weiteren Digitalisierung der Justiz: https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetzgebung/RegE/RegE_weitere_Digitalisierung_Justiz.pdf?__blob=publicationFile&v=3
Hinzugefügt wurde zudem ein Abs. 6 in dem es heißt: „Ist die Eigenverwaltung angeordnet, gilt Abs. 5 mit der Maßgabe, dass den Schuldner die Pflicht zur Verfügungstellung sämtlicher in das System einzustellender Informationen und Dokumente trifft; verfügt der Schuldner selbst nicht über ein geeignetes System, so kann die Gläubigerinformation über ein vom Sachwalter geführtes System bewerkstelligt werden.“ Festgelegt wird auch, dass der Eröffnungsbeschluss eines Verfahrens den Hinweis darauf zu enthalten hat, dass Gläubiger die elektronischen Dokumente über sichere elektronische Übermittlungswege empfangen können.
Abbildung 2: Die Änderungen des §174 Abs. 4 im Vergleich // Quelle: Regierungsentwurf zur weiteren Digitalisierung der Justiz: https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetzgebung/RegE/RegE_weitere_Digitalisierung_Justiz.pdf?__blob=publicationFile&v=3
Neu ist auch Art. 103n des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung. Darin heißt es: „Auf Insolvenzverfahren, die vor dem 17. Juli 2024 eröffnet worden sind, sind § 5 Abs. 5 und § 8 Abs. 3 der Insolvenzordnung in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden. § 5 Abs. 6 und § 28 Abs. 4 der Insolvenzordnung ist auf diese Verfahren jedoch nicht anzuwenden.“
Mit diesen rechtlichen Anpassungen sind die Weichen gestellt für eine unkompliziertere und reibungslosere Abwicklung von zukünftigen Insolvenzverfahren. Diese Veränderungen sind Voraussetzung dafür, dass die betroffenen Schuldner schneller wieder nach vorne blicken können, sich Verfahren nicht unnötig hinziehen und Gläubiger möglichst viele ihrer Forderungen erfolgreich geltend machen können. Zudem wären die Gläubiger jederzeit über den Stand des Verfahrens informiert, ohne dass die Kanzlei zeitraubende Telefonate führen oder Unmengen von Sachstandsanfragen beantworten muss. Dies spart Zeit, minimiert unternehmerische Kosten und erlaubt der Kanzlei, die Konzentration der wertvollen Mitarbeiterzeit für Tätigkeiten in der Abwicklung des Insolvenzverfahrens.
Während wir heute bereits zunehmend von den Vorteilen der Digitalisierung und Vernetzung profitieren, bieten zukünftige Technologien wie KI und Big Data das Potenzial die Effizienz in den Kanzleiprozessen weiter zu steigern. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Systeme von STP wird dabei eine entscheidende Rolle spielen. Wenn z. B. die Vielzahl der Forderungsanmeldungen rein digital von den Gläubigern übermittelt werden, dann können auch in der Kanzlei KI-gesteuerte, digitale Prozesse zu automatisierten Schritten führen, die wertvolle Arbeitszeit einsparen.
So wird die automatisierte Datenübertragung und die KI-gesteuerte Weiterverarbeitung immer wichtiger, um z. B. Forderungsanmeldungen automatisiert zu verarbeiten.